Wertermittlungsverfahren nach ImmoWertV
Die Immobilien-Wertermittlungsverordnung (ImmoWertV) regelt im Wesentlichen die drei klassischen Verfahren: Das Vergleichswert-, das Ertragswert- und das Sachwertverfahren.
Vergleichswertverfahren (§§ 24-26 ImmowertV)
Das Vergleichswertverfahren ist das Regelverfahren für die Wertermittlung bei unbebauten Grundstücken (reine Bodenwertberechnung) oder Eigentumswohnungen, wenn sich der Grundstücksmarkt an Vergleichspreisen orientiert und eine ausreichende Anzahl von geeigneten Kaufpreisen oder ein geeigneter Vergleichfaktor bzw. Bodenrichtwert oder sonstige geeignete Daten für eine statistische Auswertung vorliegen.
Zur Ableitung des Verkehrswertes dürfen nur tatsächlich realisierte Kaufpreise solcher Grundstücke oder Eigentumswohnungen verglichen werden, die hinsichtlich ihrer wertbeeinflussenden Faktoren hinreichend mit dem Bewertungsobjekt übereinstimmen. Der Gutachterausschuss (GAA) muss hierzu eine ausreichende Anzahl an Vergleichspreisen in der Kaufpreissammlung zur Verfügung stellen können, dieses erfolgt in der Regel gegen Gebühr. Die Anzahl der Vergleichsobjekte, die für eine Ableitung des Vergleichswertes dienen können, werden allerdings maßgeblich von den wertbeeinflussenden Faktoren wie Lage, Ausstattung, Wohnfläche oder Baujahr beeinflusst. Der Sachverständige muss sich dazu mit der notwendigen Erfahrung einen Überblick über die wertbeeinflussenden Faktoren verschaffen, um diese bei den Vergleichsfällen angemessen würdigen zu können, das heißt ggf. sachgerechte Zu- oder Abschläge vornehmen können. Die Anwendung des Vergleichswertverfahrens ist nur dann möglich, wenn es eine ausreichende Anzahl an Vergleichspreisen gibt.
Wichtige Faktoren beim Vergleich von Grundstücken sind:
- Makro- und Mikrolage
- Topografie des Grundstücks
- Art und Maß der baulichen Nutzung
- Zuschnitt des Grundstücks und Ausrichtung
- Bodenbeschaffenheit
- Erschließungszustand (Abgabenrechtliche Situation und Erschließungskosten des Grundstücks)
- Altlasten
Wichtige Faktoren beim Vergleich von Gebäuden sind:
- Baujahr
- Gebäudeart
- Bauweise
- Größe
- Qualität der Ausstattung
- Restnutzungsdauer
- Instandhaltungen
- Baulicher Zustand des Gebäudes
- Energetischer Zustand des Gebäudes
- Bei Mietobjekten der Ertrag durch die Vermietung
Ertragswertverfahren (§§ 27-34 ImmowertV)
Objekte, bei denen Renditeüberlegungen, d.h. die Verzinsung des investierten Kapitals Priorität haben, werden bei der Verkehrswertermittlung mit dem Ertragswertverfahren bewertet.
Dieses Verfahren wird daher bevorzugt bei Mehrfamilienwohnhäusern, Wohn- und Geschäftshäusern, Bürogebäuden oder sonstigen Gewerbeobjekten, aber auch insbesondere bei Eigentumswohnungen angewandt. Der Ertragswert errechnet sich dabei aus dem Barwert (oder „Gegenwartswert“) aller zukünftigen Erträge der restlichen Nutzungsdauer des Objektes.
Der Ertragswert bildet sich aus:
- dem Bodenwert (i.d.R. Bodenrichtwert x Grundstücksgröße)
- dem Reinertrag (i.d.R. Jahresrohertrag abzüglich Bewirtschaftungskosten) und
- dem Barwertfaktor (unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer des Objektes und des marktorientierten Liegenschaftszinssatzes).
Der am Wertermittlungsstichtag (WEST) marktüblich zu erzielende Reinertrag eines Objekts wird unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer (RND) und des Barwertfaktors für die Kapitalisierung errechnet. Die Kapitalisierung unterliegt dabei einem individuellen Liegenschaftszinssatz (in der Regel von den GAA zur Verfügung gestellt), der die vom Grundstücksmarkt erwarteten Ertrags- und Wertentwicklungen berücksichtigt. Ein hoher Liegenschaftszinssatz (LZ) spiegelt das mit einer Immobilie verbundene hohe Risiko wieder, ein niedriger Liegenschaftszinssatz indiziert ein geringeres Risiko.
Der Bodenwert wird nun zum kapitalisierten Reinertrag hinzuaddiert.
Es ergibt sich somit der als vorläufig bezeichnete Ertragswert, der ggf. um besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale (boG) wie z.B. Bauschäden, Bodenverunreinigungen oder grundstücksbezogene Rechte und Belastungen angepasst wird.
Sachwertverfahren (§§ 35-39 ImmowertV)
Insbesondere Objekte, die überwiegend unter dem Aspekt der Eigennutzung (also z.B. Ein- und Zweifamilienhäuser) stehen, werden mit dem Sachwertverfahren bewertet.
Drei Komponenten bilden die Grundlage des Sachwerts:
- Der Bodenrichtwert, also der Wert des Grundstücks oder ggf. Grundstücksanteils (z.B. bei Eigentumswohnungen)
- Der Sachwert (Herstellungskosten) der baulichen Anlagen, z.B. Haus oder Wohnung
- Der Sachwert (Herstellungskosten) der baulichen Außenanlagen, z.B. Wege und Garagen
Das Sachwertverfahren ermittelt den Sachwert der Immobilie als Ersatzbeschaffungswert der baulichen Anlagen, baulichen Außenanlagen und des Bodenwerts. Altersbedingte Wertminderungen sowie die besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale (boG), insbesondere Bauschäden oder Baumängel sowie weitere wirtschaftliche Wertminderungen und Werterhöhungen werden zusätzlich berücksichtigt.
Faktoren die den Sachwert (Herstellungskosten) beeinflussen sind z.B. vorhandener Keller, Art und Weise des Dachgeschossausbaus, Qualität der verschiedenen Bauteile wie Außenwände, Dach, Fenster, Türen, Treppen, Sanitäranlagen, Fußböden, Heizung.
Jedes Merkmal wird bewertet und hat Einfluss auf den Sachwert.
Die Anpassung an den lokalen Immobilienmarkt erfolgt über Sachwertfaktoren. Es erscheint unstrittig, dass für ein und dieselbe Doppelhaushälfte in einer Kleinstadt in Niederbayern ein niedrigerer Preis zu erzielen ist als in einem Villenviertel einer Metropole (und dass diese Preisdifferenz nicht einfach nur über den Bodenwert abzubilden ist). Die Sachwertrichtlinie hat hierfür den Marktanpassungsfaktor definiert. Er wird von den Gutachterausschüssen (GAA) errechnet und gibt dem Sachverständigen die Möglichkeit, den vorläufigen Sachwert den Bedingungen des Immobilienmarktes vor Ort anzupassen.
Autor
Dieser Text wurde von Werner Konieczny, Dekra zertifizierter Sachverständiger für Immobilien, verfasst. Die letzte Änderung war am 12. April 2024.
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Dieser Text wurde von Werner Konieczny, Dekra zertifizierter Sachverständiger für Immobilien, verfasst. Die letzte Änderung war am 12. April 2024.